TRANSIT ZWICKAU -

NACH HAUSE IST ES WEITER ALS ZUM MOND

Internationales Dokumentartheater

Zwickau lässt sich als Erfolgsgeschichte erzählen. Textilindustrie, Berg- und Fahrzeugbau sind das industrielle Rückgrat der Region. Weltkriege und Staaten hat die Stadt Zwickau kommen und gehen sehen. Manche Kapitel dieser Geschichte finden jedoch kein Gehör oder wurden gar nicht erst dokumentiert. Denn neben dem Im- und Export von Waren bringen die Jahrzehnte immer wieder neue Menschen aus aller Welt nach Zwickau:

Nicht nur Baumwolle wurde einst importiert, sondern auch Menschen, ausgestellt und bestaunt in »Völkerschauen«. Im Dritten Reich produzierten Zwangsarbeiter in den Werken der Auto Union Militärfahrzeuge, die gegen ihre eigenen Völker eingesetzt wurden. Angeworben von der DDR kamen ab 1967 Vertragsarbeiter:innen aus sozialistischen Bruderländern wie Mosambik und Vietnam, um den Arbeitskräftemangel zu bekämpfen. Manche sind längst in ihre Heimatländer zurückgekehrt, andere prägen die Region bis heute – allerdings oft vollkommen ungesehen von der Mehrheit einer geschlossenen Gesellschaft.

Diese Zwickauer Perspektiven aus über 150 Jahren Arbeitsmigration machen das Theater Plauen-Zwickau und Paradise Garden erlebbar: Das eigens entwickelte Schauspiel verbindet popmusikalische Elemente von Chor und Band mit einem vietnamesisch-mosambikanischen Tanzduo und einem spielfreudigen Schauspielensemble Zwickauer Bürger:innen. Musik, Recherchen und die persönlichen Erlebnisse von Zeitzeug:innen verschmelzen zu einer kraftvollen Dokumentation vielfältiger Zwickauer Identitäten.

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Eindrücke von der Aufführung©️ Erik-Jan Ouwerkerk

Erinerungskultur: 

Ausgehend von einer detaillierten Recherche zu Orten, Personen und Industrien in Zwickau, die lokale und internationale historische Zusammenhänge im Bereich der Arbeitsmigration untersuchte, wurden Leerstellen im kollektiven Gedächtnis aufgearbeitet. Grundlage der Recherche waren Archivmaterialien, aber auch Zeitzeugenberichte.
150 Jahre Erinnerungskultur widmeten sich Zwickauer Bürger:innen, ehemalige mosambikanische und vietnamesische Vertragsarbeiter:innen wie Herr Cossa (Mos) und Herr Chinh (Viet), der Chor um Karl Joseph Eckel, die Band von Leo Siberski sowie die Tänzer Duc Le Anh und José Jalane aus den Herkunftscommunities (Viet & Mos), koreographiert von Gabriel Panaibra Canda (Mos). Die Inszenierung im öffentlichen Raum, genauer an den historischen Arbeitsstätten der Horch-Werke, die in der DDR zum Sachsenring gehörten, leistet einen theatralen Beitrag zur 15 Städte übergreifenden Initiative zur Erinnerungskultur „Kein Schlussstrich", die vor dem Hintergrund der NSU-Gräueltaten initiiert wurde. Ziel der Initiative ist es, die Perspektiven der Angehörigen der Opfer und der (post-)migrantischen Communities in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken, um dem Erstarken von Rechtsextremismus, Menschenverachtung und Fremdenfeindlichkeit entgegenzuwirken.

Arbeitsmigration zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der Stadt und droht aus dem Selbstverständnis der Region zu verschwinden. Zwickau ist eine Stadt mit langer und vielfältiger Industriegeschichte. Fahrzeugbau, Textilindustrie und Maschinenbau sind tief in der Identität der Zwickauer verwurzelt. Doch den Arbeiter:innen, die diese Industrien ermöglicht haben, darunter auch BIPoCs aus außereuropäischen Ländern und Migrant:innen, die ebenfalls seit 150 Jahren freiwillig oder unfreiwillig in der Region leben und arbeiten, wird diese Zugehörigkeit abgesprochen.

 Deshalb begeben wir uns auf Spurensuche nach diesem "verdrängten" Teil der Zwickauer Geschichte in drei Epochen: Der Kolonialzeit vor 150 Jahren, der Epoche vor 80 Jahren, die von Konzentrations- und Arbeitslagern geprägt war, und der Epoche vor 50 Jahren, die sich mit Vertragsarbeitern in der DDR beschäftigt.

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Eindrücke aus dem dem Trabanten-Werk des Sachsenrings im Jahr 1990 ©️ Erik-Jan Ouwerkerk

Herzlichen Dank an
August Horch Museum Zwickau, Domchor St. Marien Zwickau, Feministischer Chor Zwickau, FSV Zwickau und vor allem an alle Zeitzeug:innen, die ihre Geschichten hinter und auf der Bühne mit uns geteilt haben.

Gefördert durch - KULTURSTIFTUNG DES BUNDES 

Besetzung

Konzept und Regie - Jens Vilela Neumann                             Choreografie - Gabriel Panaibra Canda (Mos)
Dramaturgie - Kornelius Luther
Bühne und Kostüme - Annabel von Berlichingen
Musikalische Leitung - GMD Leo Siberski, Karl Joseph Eckel 
Regieassistenz - Ulrike Berger, Elisa Ender, Romy Knieriem
Zwickauer Bürger:innenbühne - Olivia Brückner, Sophie Brückner, Angelika Felgentreu, Lilli Heyn, Ida Heyne, Michaela Jutz, Annemarie Kelpe, Isabel Leßmann, Abdulsamad Mahmood, Nguyễn Minh Hằng, Daniel Schiffer, Luise Schmidt, Sara Thiel, Jelena Wardezki
Tanz - Duc Le Anh, José Jalane                                                 Schauspiel - Julia Hell, Andrea Klem, Daniel Koch
Musik - Leo Siberski (Trompete, Klavier, Elektronik), Philipp Wiechert (Gitarre), Matthias Kramp (Bass), Nils Fahlke (Drums)
Gesang - Karl Joseph Eckel, Sabrina Liedemann, Pedro Osório Mondlane, Helene Luise Stiller
Zeitzeug:innen - José Alfredo Cossa, Joaquim João Teixeira, Abibo Mendes, Nguyễn Quang Chinh u. v. m.                                       Recherche: Christoph Wunnicke

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Wir sind die Stadt, wir sind die Zeit, 

wir sind die gehörten und die ungehörten Stimmen,

wir  sind das Gestern und das Morgen.

Welche Zukunft werden wir gebären?

Wer schrieb die Geschichte, die das Fundament des Heute bildet?

Und welche Geschichte wird morgen über das Heute erzählt?

Wir sind der Reigen der Vergessenen.

Werden wir morgen unser Vorgestern wiederholen?

Weil wir vergessen haben, weil wir sagen:

Wir haben es nicht gewusst.

 

Oder wir wissen, aber es ist uns egal, 

weil es einfacher ist nicht zu hören,

keine Verantwortung zu übernehmen, nichts zu verändern, 

nichts zu tun. Nichts. 

Bürger! Warum fehlt uns wieder der Mut, für unsere Mitbürger einzustehen? 

Warum vergessen wir, wie stark wir sein können, wenn wir zusammen stehen?

Das Prinzip ist seit 150 Jahren dasselbe: Wir unterscheiden zwischen WIR und SIE!

Solange SIE “UNS” einen wirtschaftlichen Nutzen bringen, unsichtbar und ohne Mitsprache bleiben, werden SIE mehr oder weniger geduldet.  

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Presse:

Zwickauer Zeitung 09.05.25 (1)
Poster Zwickau
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Logo KDB

Mit freundlicher Unterstützung: 

Horch

Produziert von TPZ in Zusammenarbeit mit PG:

TPZ

Projects

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